Barrierefreiheit – ein Begriff, der oft mit Fahrstühlen oder behindertengerechten Toiletten in Verbindung gebracht wird. Doch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (umgangssprachlich oft bezeichnet als Barrierefreiheitsgesetz), das am 28. Juni 2025 in Kraft tritt, geht weit über bauliche Maßnahmen hinaus. Es umfasst auch digitale Produkte und Dienstleistungen. Durch die zunehmende Präsenz dieses Themas in den Medien, fragen sich auch immer mehr Ärzte und Zahnärzte, ob sie im Hinblick auf ihre Praxiswebsite tätig werden müssen. Wir sind dieser Frage nachgegangen und nehmen die Antwort gerne vorweg: Nein, reine Präsentationswebsites wie Praxishomepages fallen i.d.R. nicht unter das Gesetz [1].
Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Das BFSG ist die deutsche Umsetzung der EU-Richtlinie des European Accessibility Act (EAA) über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen. Ziel ist es, Barrieren für Menschen mit Behinderungen zu reduzieren – und zwar in der digitalen und analogen Welt. Es geht um Zugänglichkeit für alle – egal ob jemand Hör-, Seh- oder Mobilitätseinschränkungen hat.
Das klingt sperrig und kompliziert. Und sicher haben Sie als Ärzte und Zahnärzte nun ein kurzes Déjà-vu und erinnern sich daran, als das bürokratische Monster der DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) drohte, ihren Praxisalltag und die Online-Welt zu erobern.
Heute wissen wir: Mit den richtigen Tipps und Helfern ist alles halb so wild. Und genauso ist es mit dem BFSG.
Keine Panik: Die Praxishomepage als Website zur Präsentation der Praxis und ihrer Leistungen fällt in der Regel nicht unter das Barrierefreiheitsgesetz [1].
Betrifft das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz auch die Praxishomepage von Ärztinnen und Ärzten?
Die Antwortet lautet: Nein. Reine Praxishomepages – über die normalerweise ja keine Verträge direkt abgeschlossen werden können und über die auch keine Produkte oder Dienstleistungen verkauft werden – sind nicht betroffen. Das bedeutet, dass Ihre Praxishomepage, mit der Sie Leistungen, Team und Räumlichkeiten präsentieren, in der Regel nicht unter das BFSG fällt (vgl. RA Phil Salewski, 2024 [1])
Der Fokus des BFSG liegt auf kommerziellen Anbietern, die ihre Waren und Dienstleistungen online vertreiben. Nähere Infos erhalten Sie hier: www.it-recht-kanzlei.de/faq-barrierefreiheit-online-shops-bfsg.html#abschnitt_6
Warum ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz bzw. die Barrierefreiheit einer Praxishomepage trotzdem ein Thema?
Auch wenn Sie nicht verpflichtet sind, Ihre Praxiswebsite barrierefrei zu gestalten, gibt es gute Gründe, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen:
Ein Plus für Ihre Patientinnen und Patienten
Barrierefreiheit macht Ihre Praxishomepage für alle zugänglich – auch für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen, Hörproblemen oder motorischen Einschränkungen. Das zeigt nicht nur Wertschätzung, sondern kann auch die Reichweite und Nutzung Ihrer Praxishomepage verbessern.
Zukunftssicherheit
Die Anforderungen an die Barrierefreiheit könnten in den kommenden Jahren ausgeweitet werden. Wer jetzt schon aktiv wird, kann möglichen notwendigen Änderungen entspannt entgegensehen.
Gute Usability für alle
Eine benutzerfreundliche Praxishomepage kommt letztlich allen zu Gute. Maßnahmen wie klare Strukturen, gut lesbare Texte und Schriftgrößen oder alternative Texte für Bilder kommen auch Menschen ohne Behinderungen zugute.
Bild: www.giphy.com
Barrierefreie Praxishomepage
Worauf sollten Sie achten?
Wahrscheinlich fragen Sie sich nun, ob Ihre bereits bestehende Praxishomepage barrierefrei ist oder nicht, oder was Sie bei der Gestaltung einer neuen Website beachten müssen, damit diese den gesetzlichen Vorgaben entspricht – auch wenn diese für Sie nicht verbindlich sind. Gerne helfen wir Ihnen, die Barrierefreiheit Ihrer Website zu prüfen und bieten Ihnen hier schon einige Tipps und Tools an:
Klare Navigation
Ihre Patientinnen und Patienten sollten sich ohne Probleme auf Ihrer Praxishomepage zurechtfinden, Schaltflächen und Buttons einfach bedienen und Informationen schnell und intuitiv finden können.
Gute Kontraste
Bestimmte Farbkombinationen und schwache Kontraste erschweren die Lesbarkeit von Texten und Grafiken. Klare Strukturen und hohe Kontraste unterstützen dagegen sogar die Nutzung Ihrer Praxishomepage auf Mobilfunkgeräten oder bei hellem Licht im Freien.
Kontraste prüfen: contrastchecker.com
Verständliche Sprache
Klare, kurze und verständliche Sätze mit einfachem Aufbau sind für alle Benutzer Ihrer Praxishomepage angenehmer. Denn schließlich möchten sich alle schnell und unkompliziert informieren.
Sprache prüfen: languagetool.org/de
Screenreader-Kompatibilität
Mit einer Vorlesefunktion machen Sie Texte und Bilder Ihrer Praxishomepage auch blinden und sehbeeinträchtigten Menschen zugänglich.
Screenreader-Kompatibilität prüfen: wave.webaim.org
Technische Anpassungen
Alternative Texte für Bilder, eine leicht bedienbare Website für Tastaturnavigation und andere barrierefreie Tools sind gute Ergänzungen.
Fazit: Zwar (noch) keine Pflicht, aber Chance
Das BFSG ist eine gesetzliche Vorgabe, die Sie für Ihre Praxishomepage momentan nicht umsetzen müssen, wenn darauf keine Buchungen und Zahlungen getätigt werden können [1]. Es bietet jedoch die Chance, Ihren Webauftritt für alle zugänglicher und moderner zu gestalten und Ihre Angebote anzupassen. Denn: Eine barrierefreie Praxis signalisiert nicht nur Professionalität, sondern auch, dass Ihnen die Bedürfnisse aller Patienten am Herzen liegen.
Darüber hinaus steht zu erwarten, dass das BFSG mittelfristig ganz allgemein um den gesamten Gesundheitsbereich erweitert werden könnte. Dies vor dem Hintergrund, dass im Rahmen der Anhörung zum BFSG u.a. das Deutsche Institut für Menschenrechte wie auch Verbände gefordert haben, dass der Gesundheitsbereich, der dem Bereich der Daseinsvorsorge angehört und besonders grund- und menschenrechtlich relevant ist, nicht ohne strenge Barrierefreiheits-Vorgaben dem freien Markt überlassen werden dürfte [2].
Wir helfen Ihnen dabei, Ihre Praxishomepage sinnvoll zu gestalten – nicht nur für heute, sondern auch für morgen. Ob gesetzlich verpflichtend oder freiwillig: Barrierefreiheit ist ein Gewinn für alle.
Bild: www.giphy.com
Quellen:
[1] FAQ: Verpflichtende Barrierefreiheit von Online-Shops ab Juni 2025, Abschnitt VI: Gelten die Barrierefreiheitsanforderungen auch für bloße Präsentationshomepages ohne Shop-Funktion?, aufgerufen am 10.12.2024, 13:21 Uhr: it-recht-kanzlei.de
[2] Informationsblatt für Arztpraxen, die hausärztliche oder gynäkologische Leistungen erbringen und ab dem 01.02.2023 eine Förderung für die barrierefreie Gestaltung ihrer Website / mobilen Anwendung stellen wollen, Abschnitt “Warum sollte sich eine Arztpraxis bewerben?, aufgerufen am 10.12.2024, 13:21 Uhr: schleswig-holstein.de
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